Sprachtraining | 21.09.2020
Von Stefan Iser
Seit der notgedrungenen Verlagerung von immer mehr Präsenzstunden in den Online-Bereich tauchen immer mehr bislang in Deutschland ungekannte Zeitformate auf. Ich nehme dies zum Anlass eine Debatte über das "ideale" Zeitformat zu entflammen.
Das ist so, das war schon immer so und das wird auch immer so bleiben. Warum sollte man jemals an so etwas Festgefahrenem rütteln? Wie käme man überhaupt auf diese Idee? Das ist wie, als wenn man in Deutschland am dreigliedrigen deutschen Schulsystem zweifelt.
Ich kam bereits im Jahr 2007 auf diese Idee. Eine mir wichtige neue Kundin konnte sich partout nicht vorstellen eine 90-minütige Mittagspause für ihren Deutschunterricht einzulegen. Ich wiederum konnte mir nicht vorstellen für nur 45 Minuten anzureisen - also mussten wir uns irgendwo in der Mitte treffen. Ich war bereit für einen höheren Honorarsatz 60 Minuten lang meine Dienstleistung anzubieten - das war die Geburt der 60-Minuten-Unterrichtseinheit.
Die Nachfrage entwickelte sich außerordentlich gut und das neue Format wurde zu einem weiteren Qualitätsfaktor meiner Dienstleistung. Es war auch nicht mehr so, dass ich wegen einer Stunde irgendwohin musste, sondern eher so, dass ich an einem Ort zwei bis vier Kunden bedienen konnte.
Ich konnte sogar Nachfrage bei solcherlei Kunden generieren, die auf Einzeltraining bislang verzichtet hatten, weil ihnen das übliche 90-Minuten-Format schlicht und einfach nicht in den Kalender passte.
Ich selbst empfand die neuen Intervalle auch als äußerst angenehm. So konnte ich in 60 Minuten sehr viel mehr geben und die Teilnehmer waren definitiv aufnahmefähiger. Das Training wurde dadurch intensiver und es zeichnete sich eine Tendenz ab, dass Kunden auch eher Bereitschaft zeigten mich zweimal pro Woche zu treffen, was aus didaktischer Perspektive betrachtet auf unteren Niveaustufen durchaus sinnvoll ist.
Nein. Jedes Inhaltsformat hat sein ideales Zeitformat. Es gibt auch andere Faktoren, die dabei eine Rolle spielen (Gruppengröße, Dynamik, Budget). Für eine intensive Korrekturbesprechung reichen 60 Minuten oft nicht aus. Für kurze Abklärungsgespräche oder Drillübungen sind 60 Minuten sogar oft zu lang. Im Online-Bereich biete ich für manche Zwecke mittlerweile sogar 30-minütige Sitzungen an.
Im Mittelpunkt steht, was für den Kunden am besten ist. Ich als Dozent muss natürlich dafür sorgen, dass sich das kurze Hochfahren eines Computers für ihn bezahlt macht. Ich kann Empfehlungen aussprechen, generell gilt aber: kurze Time-Slots sollten einen etwas höheren Minutenpreis haben. Auf jeden Fall können Trainer und Kunde gleichermaßen von einer Ausdifferenzierung der Zeitformate profitieren.