Aussprache | 18.05.2020
von Adrien Leroy
Sie lernen Französisch und möchten Ihren Akzent verbessern. Möglicherweise stehen Sie unter Zeitdruck, weil ein Bewerbungsgespräch oder eine Präsentation auf Französisch anstehen.
Dann ist es sinnvoll, Prioritäten zu setzen: Das heißt, die Punkte zuerst anzugehen, die mit wenig Übung einen hörbaren Unterschied machen.
Aber auch wenn Sie sich Zeit lassen, ist es angeraten, leicht vermeidbare Fehler möglichst früh zu korrigieren.
Manche Aussprachefehler treten auf, weil die Buchstaben-Kombinationen für den Sprecher einfach zu ungewöhnlich sind und die Lautbildungsorgane das entsprechende Muskelgedächtnis erst entwickeln müssen. Da hilft meist nur monatelange Übung.
Es entstehen jedoch auch Fehler, wenn die betroffenen Laute in Ihrer Muttersprache existieren. In diesem Fall geht es darum, die phonetischen Regeln der Zielsprache einfach konsequent umzusetzen.
So zum Beispiel benötigt das französische Nasalvokal-Trio „an“, „in“ und „on“ immer Zeit, um dauerhaft richtig eingesetzt werden zu können. Andere phonetische Schwierigkeiten müssen hingegen erst einmal identifiziert werden.
Ich zeige Ihnen im Folgenden fünf Aussprachefehler, die relativ leicht auszumerzen sind. Zugegeben - Sie werden hier wahrscheinlich nichts Neues lernen. Diese Regeln kennen die Lernenden normalerweise bereits auf der Niveaustufe A2. Trotzdem zeigt meine langjährige Erfahrung als Sprachtrainer: Diese Fehler begleiten viele deutsche Französischlernende jahrelang.
Das /ə/ wie im Wort le ist der häufigste Laut in der französischen Sprache. Die Aufmerksamkeit, die man ihm schenkt, wirkt sich schnell auf den Gesamteindruck aus. Denn auch bei Lernenden mit gutem Sprachniveau wird gelegentlich „e“ durch „é“ (wie in clé) ersetzt. Besonders wenn die Lernenden sich die Wörter nicht akustisch, sondern visuell eingeprägt haben, da die Aussprache des deutschen Buchstabens E (vor einem Einzelkonsonanten) auf Französisch der eines „e accent aigu“ entspricht.
Beispiel: Je me le démande. Hier sind viele /ə/ aneinandergereiht – in solch einem Satz macht sich erfahrungsgemäß der Akzent bemerkbar.
/ə/ wie in que ist übrigens in der korrekten Aussprache von /œ/ wie in heure zu unterscheiden – die beiden darf man aber als Nicht-Muttersprachler ruhig undifferenziert aussprechen, denn der Unterschied fällt kaum auf. Im Zweifel können le, me, de wie jeune oder sœur ausgesprochen werden, also wie ein deutsches kurzes ö (Hölle).
Was aber dem Muttersprachler garantiert auffällt: „Je suis allé chez lé médecin“. Auch der deutsche Akzent kann für Franzosen charmant sein, aber wenn der oder die Lernende seine/ihre Aussprache verbessern möchte, ist die Arbeit an /ə/ bzw. /œ/ ein guter Ansatzpunkt.
Dafür eine gute Methode zur Selbstübung: Einen beliebigen kurzen Text vorlesen, nur auf die eine phonetische Schwierigkeit achten - und sich dabei aufnehmen. Danach die Aufnahme hören und die Übung wiederholen, bis der Laut überall richtig getroffen wurde. Schon nach ein paar Tagen verbessert sich der Akzent hörbar, auch in der Konversation.
Bei der Kombination Vokal + n/m + anderer Konsonant wird der Vokal „nasalisiert“. Luft kommt durch den Nasenraum – ein typisch phonologisches Merkmal des Französischen:
Antérieur, incroyable, ombre, usw.
Wichtig ist dabei, dass das N bzw. das M nicht mehr ausgesprochen wird.
Dies ist bei Wörtern, die im Deutschen und Französischen ähnlich sind, nicht immer selbstverständlich - auch bei Leuten, die schon sehr gut Französisch sprechen:
International
Hier wird das erste n oft unbewusst ausgesprochen – und das hört der Muttersprachler sofort. An sich stellt das Wort aber überhaupt keine große Schwierigkeit dar. Durch systematische Übungen, gegebenenfalls mit Unterstützung des Sprachtrainers, kann das schnell korrigiert werden.
[ʁ] wie in français: Der Buchstabe R ist auf Französisch ein Reibelaut, der im Bereich des Gaumenzäpfchens gebildet wird. In der deutschen Sprache wird das R meistens ähnlich ausgesprochen, nicht aber in der Endung -er, in Vorsilben wie ver- (vergessen) oder nach einem langen Vokal (Tier); Dort wird es vokalisiert und wie ein A ausgesprochen.
Eben bei diesen Buchstaben-Kombinationen wird der deutsche Akzent oft sichtbar. Ein Wort wie "amer" (bitter) wird beispielsweise gerne mit dem R von ärmer ausgesprochen. Es ist aber in dem Fall immer noch ein fricative, also ein Reibelaut, wie z.B. in Rhein.
Auch hier gilt: Sie wussten es wahrscheinlich schon – allerdings zeigt meine Erfahrung, dass sich der Fehler hartnäckig hält, wobei die Aussprache des französischen R kein großes Problem darstellt. Es liegt einfach an der phonetischen Gewöhnung. Mit etwas Übung lässt sich auch diese fehlerhafte Vokalisierung leicht beseitigen.
Eine strenge Regel gilt: Innerhalb eines Wortes kann die Betonung im Französischen nie woanders liegen als auf der letzten Silbe. (Seien Sie froh: In der Hinsicht haben Sie es viel leichter als der Franzose/die Französin, der/die Deutsch lernt: Neben Genus und Pluralform muss er/sie sich auch die richtige Betonung merken.*)
Wörter, die sich im Deutschen und Französischen ähneln, werden häufiger als andere falsch betont:
Die Statue, aber la statue
Sinnvoll ist deswegen, diese verwandten Wörter zu identifizieren und gezielt zu wiederholen.
Generell ist es der Mühe wert, ein paar Stunden zu opfern, um sich bei diesem Punkt durch systematisches Vorlesen zu verbessern (zur Not sollten die betonten Silben im Voraus unterstrichen werden). Falsche Betonung ist für einen Muttersprachler auffälliger als viele andere Aussprachfehler. Dementsprechend machen Fortschritte in diesem Bereich einen erheblichen Unterschied.
*Das gleiche könnte man von der französischen Sprachmelodie sagen – sie ist objektiv gesehen einfacher, also weniger abwechslungsreich als die deutsche. Französische Sätze bestehen aus rhythmischen Einheiten, bei denen alle Wortsilben ähnlich lang und laut ausgesprochen werden und die mit einem Tonanstieg und einer höheren Lautstärke enden, z.B. vor einem Komma, einem Punkt oder einem wichtigen Wort. Damit werden wir uns in einem späteren Blogbeitrag beschäftigen.
Wie sein Name „i grec“ schon sagt, ist das französische Y eigentlich ein I. Im Wort „Pays“ und zwischen zwei Vokalen (payer) verhält es sich sogar wie ein Doppel-i (daraus ergibt sich hier der Laut „ä“, also a+i), mit ein paar Ausnahmen (Mayonnaise, Gruyère…).
Wie ein ü wird es auf jeden Fall nie ausgesprochen, was deutschen Französischlernenden oft Schwierigkeiten bereitet, weil viele Fremdwörter griechischer Herkunft sehr ähnlich geschrieben werden oder gar identisch sind: la psychologie.
Und so muss man als Französischlehrer öfter korrigieren als vielleicht notwendig wäre: Synonyme wird nicht „sünonüm" ausgesprochen, sondern „sienoniem“ (natürlich mit scharfem s); „tüpique“ gibt es nicht. Beim Vorlesen passiert das in der Regel häufiger.
Es lohnt sich, darauf zu achten, weil der Fehler gegebenenfalls zu Verständnisproblemen führen kann.
Achten Sie darauf, das I immer sehr geschlossen auszusprechen – die Backenzähne sind fast zusammengepresst. Auch in dem Fall, in dem das I „kurz“, also schnell ausgesprochen wird, hört es sich nie an wie das kurze deutsche I wie in Bitte, bei dem der Mund weiter geöffnet ist, sondern der Winkel der beiden Kiefer sollte möglichst klein bleiben, wie in Biene.
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