Sprachtraining | 29.06.2020
Von Adrien Leroy
Die meisten deutschen Fachkräfte, die meinen Französisch-Kurs besuchen, sprechen im beruflichen Alltag als erste Fremdsprache Englisch.
Dabei färbt das Englische oft auf das Französische ab: Ähnlichkeiten zwischen dem englischen und französischen Wortschatz führen immer wieder zu typischen „unfranzösischen“ Ausdrücken.
Interessanterweise scheinen die deutschen Französischlernenden zu anderen Anglizismen und faux amis zu neigen als die englischen. Das liegt natürlich zum einen daran, dass englische Muttersprachler schon zu Beginn auf diese false friends hingewiesen werden. Zum anderen gibt es dieselben falschen Freunde manchmal in der Kombination Deutsch-Englisch und dadurch sind die deutschen Französischlerner schon darauf vorbereitet.
Éventuel wird beispielsweise von deutschen Kursteilnehmern fast nie mit der Bedeutung von eventual eingesetzt, da diese Sprachfalle schon bekannt ist: eventually = schließlich.
Bei anderen irreführenden Ähnlichkeiten kann es aber passieren, dass bestimmte häufige englische Begriffe wegen des Gleichklangs im Französischen falsch eingesetzt werden. Je öfter dies passiert, desto größer ist das Risiko, dass diese Fehler „fossilisieren“, dass sie sich derart festsetzen, dass sie kaum noch abtrainiert werden können. Deshalb ist es auch für deutsche Muttersprachler sinnvoll, auf diese klassischen englisch-französischen Sprachfallen zu achten.
Hier sind typische Verwechslungen, die mir oft bei Schülern auffallen, und die Sie in der zweiten Fremdsprache Französisch vermeiden sollten.
„Je connais cette location“
…könnte z.B. bedeuten: „Ich kenne dieses Ferienhaus“; aber nicht – wie hier wahrscheinlich gemeint war – „Ich kenne diesen Ort“.
Im Gegenzatz zu einem Adjektiv wie local stammt la location nicht von lieu (der Ort) sondern von louer, was hier mieten oder vermieten heißt. Location heißt deswegen in Französisch Anmietung oder Vermietung, aber auch im übertragenen Sinne Mietkosten und sogar Ferienhaus.
Für „Ort“ benutzt man auf Französisch lieber das Wort endroit (maskulin). (Le lieu heißt dasselbe, ist aber weniger gebräuchlich.) Ein weiterer Begriff, der nicht mit „endroit“ verwechselt werden darf…
„J’ai déménagé dans une nouvelle place.“
… wäre place (feminin). Das französische place ist die genaue Übersetzung vom deutschen „Der Platz“.
Il n’y a plus de place = Es keinen Platz mehr
La place du marché = Der Marktplatz
Genau wie location ist place ein verbreiteter falscher Freund. Sagen Sie nicht: une place agréable, sondern un endroit agréable.
Place wird übrigens auch oft im folgenden Ausdruck falsch eingesetzt:
„La fête de Noël a pris place à la cafétéria.“
Bei prendre place sollte sich der/die deutsche Französischlernende an der eigenen Muttersprache orientieren: Die Redewendung heißt „Platz nehmen“.
Take place würde man eher mit dem Ausdruck avoir lieu übersetzen:
Les prochains Jeux olympiques auront lieu à Tokyo.
„J‘ai attendu un festival“
Man könnte meinen, dass diese Verwechslung spätestens nach dem A2-Niveau nicht mehr passiert, doch erfahrungsgemäß kommt dies gelegentlich als Flüchtigkeitsfehler bei Lernenden vor, die schon fließend sprechen. Schuld ist wahrscheinlich das Hin- und Her-Springen zwischen dem Deutsch und Englischen und dann noch dem Französisch-Unterricht.
Deswegen muss an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden: Attendre heißt „(auf etw.) warten“.
Wenn also ein Schüler erzählt, er sei am Wochenende bei einem Konzert gewesen und beschreibt: J‘ai attendu un concert, müsste der Lehrer im Grunde genommen nachfragen, ob das Konzert denn auch irgendwann gekommen sei.
Der richtige Ausdruck wäre in dem Fall: J’ai assisté à un concert
I attend a meeting = Je participe à une réunion.
Was uns zum nächsten Punkt bringt:
„J’ai plusieurs meetings cette semaine.“
Vorsicht – Besprechung oder Sitzung heißt auf Französisch réunion (feminin).
Le meeting sagt man für sportliche oder politische Versammlungen/Veranstaltungen, aber eigentlich nie im beruflichen Rahmen: un meeting aérien (eine Flugschau), un meeting électoral (eine Wahlveranstaltung).
„J’ai fini. C’est ça“
Der Ausdruck tritt manchmal im Konversationskurs am Ende einer Präsentation auf. Es ist eindeutig, dass der Fehler vom Englischen kommt (that’s it), da die deutsche Variante „Das war’s“ „c‘était ça ergeben würde.
Hier ist wieder Vorsicht geboten; Der Fehler kann zu Missverständnissen führen.
Das war’s = C’est tout. Wortwörtlich, das ist alles – was ich sagen wollte.
Mit C’est ça ! will man hingegen sagen: „Es stimmt!“, „Genau!“
„Une longue journée de Paris à Berlin“
Auch wenn der Tag im Zug verbracht wurde, wird journey eher mit voyage (Maskulin) übersetzt. La journée ist auf Englisch einfach day.
The journey took all day = Le voyage a pris toute la journée.
Zur Erinnerung: Was unterscheidet le jour und la journée? Vereinfachend: jour ist eine Einheit, mit der man Zeit misst; Journée ist ein Zeitraum, innerhalb dessen etwas geschieht. «J’ai passé trois jours à Paris » aber Il m’a rendu visite au milieu de la journée.
« J’ai visité mes parents »
Dieser Fehler ist besonders hartnäckig. Er liegt vermutlich nicht nur am englischen Einfluss: Bei „Ich habe das Museum besucht/Ich habe meine Eltern besucht“ wird in Deutsch ja dasselbe Verb benutzt. Dass besuchen auch auf English to visit heißt, macht aber die Umgewöhnung schwieriger. Ein wichtiger Hinweis:
«J’ai visité un musée, un château, l’Italie… »
«J’ai rendu visite à mes parents. »
«J’ai visité mes parents » klingt für den Muttersprachler lustig – als wären die besagten Eltern ein touristisches Denkmal. Schlimm ist der Fehler nicht. Wer aber auf Korrektheit achten will, sollte hier differenzieren. Ein Sprachtrainer kann Ihnen dabei helfen, diese Schwierigkeiten systematisch zu üben und schnell voranzukommen.
«C’est tout pour aujourd’hui»; Es sind zu viele faux-amis für einen einzigen Blog-Beitrag, es folgen aber weitere beim nächsten post: Monnaie, supporter, implémenter, impacter, adresser, planifier, actuellement.
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